Prag gibt Chemiewaffenversuche mit "Novichok" zu

Berlin - Der tschechische Präsident Milos Zeman hat in mehreren Interviews eingeräumt, dass auch die Tschechische Republik mit dem Nervenkampfstoff "Novichok" experimentiert hat. Nach den Worten des sozialistischen Politikers handelte es sich dabei "um geringfügige Mengen, die der Verteidigungsforschung dienten".  Das Außenamt in Prag bemühte sich rasch klarzustellen, dass nicht die russische Variante A-234, sondern vielmehr ein Stoff mit der abweichenden Kennung A-230 produziert worden sei. Die Variante A-234 soll auch beim Giftanschlag auf den russischen Ex-Doppelagenten Sergei Skripal Anfang März im englischen Salisbury eingesetzt worden sein.

Soldaten während der vom JCBRN organisierten Übung ToxiTrip. Bild: COE JCBRN

Bislang hatte die tschechische Regierung - allen voran Premier Andrej Babis - bestritten, dass Tschechien den Nervenkampfstoff produziert und damit experimentiert habe. Nach den Aussagen Zemans in einem weiteren Interview mit dem Sender Radio Free Europe / Radio Liberty am Samstag, seien die von einem Forschungsinstitut in Brno produzierten Mengen im Milliliter-Bereich geblieben und hätten der Forschung nach Verteidigungs- und Abwehrmöglichkeiten gedient. Das militärische Forschungsinstitut selbst äußerte sich in den Medien nicht. Russland griff die Äußerungen noch am selben Tag auf und sieht diese als Beweis für die eigene Unschuld. Das bedeute, der Stoff könne aus zahlreichen Quellen stammen, kommentierte beispielsweise der englische Dienst der Nachrichtenagentur RIA.

In welchem Zeitraum diese Forschungen in Brno durchgeführt wurden und wie die Tests stattfanden, blieb zunächst unklar. Auf die Frage, ob auch das NATO Center of Excellence JCBRN im mährischen Viskov an den Tests beteiligt war, bekam SichPol.de am Montag weder aus dem COE noch aus dem tschechischen Verteidigungsministerium eine Antwort. Das COE wird international geführt. Ein deutscher Oberst ist dort stellvertretender Kommandeur. Die Zusammenarbeit der tschechischen und deutschen ABC-Abwehrkräfte gilt als besonders eng.

Das tschechische Außenministerium wandte sich am Sonntag mit einer kurzen Erklärung und am Montag erneut zusammen mit dem Verteidigungsministerium an die Presse. Laut der Erklärung seien die Forschungen in Brno mit der internationalen Organisation zum Verbot von chemischen Waffen OPCW abgestimmt gewesen. Ein Austritt oder Verlust der produzierten Kleinstmengen seien ausgeschlossen. Zuvor hatte Russland darauf verwiesen, dass auch andere Staaten den Nervenkampfstoff hergestellt hätten und nannte neben den USA auch erneut Tschechien.
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SichPol.de/pvk


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